Einfach grünen Strom vom Nachbar beziehen

Die Schweiz hat zum Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Da braucht es komplett neue Ansätze – und Start-ups wie Exnaton. Das ETH-Spin-Off hilft mit, lokale Energiemärkte zu lancieren und somit die Energiewende voranzutreiben.

Die Schweizer Energiestrategie 2050 bedingt den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das Problem bei Photovoltaik-Anlagen und Co. ist aber, dass Strom unregelmässig anfällt und nur zu einem Teil und mit grossem Aufwand gespeichert werden kann.

Deshalb entstand in einer Forschungsgruppe der ETH Zürich 2017 die Idee eines lokalen Strommarkts. Dieser ermöglicht Besitzerinnen und Besitzern einer Photovoltaik-Anlage, überschüssigen Solarstrom direkt an die Nachbarin oder den Nachbarn zu verkaufen. Ziel des Projekts «Quartierstrom» war es, möglichst viel lokal produzierten Strom vor Ort zu verbrauchen.

Energiebranche war anfangs skeptisch
Auf der Suche nach einem Energieversorger als Partner mussten die mitwirkenden ETH-Doktorandinnen und -Doktoranden aber einige Überzeugungsarbeit leisten. Die Schweizer Energiebranche agierte bisher sehr traditionell – mit veralteten Strukturen und wenig Gehör für Innovation. «Die Skepsis der Idee und uns gegenüber war am Anfang sehr gross», sagt Dr. Liliane Ableitner. Offen für das Experiment zeigte sich die Energie- und Wasserversorgung Walenstadt, und so wurde der erste lokale Strommarkt der Schweiz eingerichtet. Mit Erfolg: Dank des lokalen Strommarkts verdoppelte sich der Eigenverbrauch innerhalb der Gemeinschaft, die teilnehmenden 37 Haushalte versorgten sich zu 33 Prozent mit eigenem Solarstrom.

«Plötzlich schaute die ganze Schweiz nach Walenstadt», freut sich Liliane Ableitner über das Echo zum Erfolg von «Quartierstrom». Die Wirtschaftsinformatikerin hat nach Abschluss des Projekts Mitte 2020 das Start-up Exnaton gegründet – zusammen mit der Wirtschaftsingenieurin Anselma Wörner und dem Maschinenbauer Arne Meeuw. Sie alle hatten sich als Doktoranden beim Quartierstrom-Projekt kennengelernt und wollten die Idee weiter vorantreiben.

Exnaton-innosuisse

Automatischer Handel mit Solarstrom
Ihr junges Start-up entwickelt und vertreibt eine Software-Lösung, die Stromanbieter und -abnehmer zusammenbringt und den Handel von Solarstrom innerhalb von Energiegemeinschaften vereinfacht. Heute heisst die Software PowerQuartier. Der Algorithmus gleicht innerhalb der Gemeinschaft das Angebot an Photovoltaik-Strom in Echtzeit mit der aktuellen Nachfrage ab: Das System kauft Strom dann ein, wenn er verfügbar und günstig ist. Der Handel zwischen den Teilnehmenden erfolgt vollautomatisch. Nutzerinnen und Nutzer sehen über eine App jederzeit, wieviel Strom sie verkauft/eingekauft haben, wieviel sie verbrauchen oder wieviel CO2 sie durch den lokal produzierten grünen Strom eingespart haben.

Privatkunden, die PowerQuartier nutzen, können dadurch auch ohne Installation einer eigenen Solaranlage nachhaltiger leben. Zudem sensibilisiert die Übersicht in Echtzeit für einen sorgfältigeren Umgang mit Ressourcen. «Teilnehmende lokaler Strommärkte schildern uns, dass sie vermehrt darauf schauen, welchen und wieviel Strom sie wann wofür verbrauchen», sagt Liliane Ableitner. Eine Energiegemeinschaft fördere aber auch die Gemeinschaft und den Community-Gedanken.

Innosuisse-Coach als wichtiger Sparring-Partner
Nach dem Studium gleich Unternehmerin zu werden, sei der richtige Entscheid gewesen, sagt Liliane Ableitner. «Bei der Gründung eines Start-ups lernt man sehr viel. Es ist eine grosse Herausforderung, macht aber auch viel Spass, ist sehr motivierend und erfüllend.» Dass sie Exnaton zu dritt gegründet haben, sei ein grosser Vorteil – nicht nur wegen der breiteren Erfahrung. «So muss man nicht alle Probleme alleine lösen.»

Massgeblich geholfen haben dem Trio beim Aufbau ihres Unternehmens auch die Coaching-Angebote (Initial und Core Coaching) von Innosuisse. «Der Innosuisse-Coach ist ein wichtiger Sparringpartner für uns. Er hat uns zum Beispiel bei der Zusammenstellung unseres Verwaltungsrats oder bei der Personalstrategie geholfen. Wenn man ein Start-up gründet, denkt man ja nicht zuerst an solche Dinge.»

Die Apps für lokale Energiemärkte sind nur ein Teil der Software-Lösungen, die Exnaton anbietet: Die Analyse und Visualisierung von Daten hilft Energieversorgern wie Elektrizitätswerken oder Immobilien- und Arealentwicklern bei der Digitalisierung und ermöglicht ihnen die Bildung von weiteren lokalen Energiemärkten.

Das ist ganz im Sinne des Bundesrats: Er will die dezentrale Stromproduktion stärken und erneuerbare Energien besser in den Strommarkt integrieren. So soll es künftig viele Netzwerke geben, die Strom vor Ort produzieren und ihn dann auch verbrauchen. Was übrig bleibt, wird an die Elektrizitätswerke verkauft.

Letzte Änderung 04.02.2022

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Exnaton-innosuisse-team

Die drei Co-Gründer/innen von Exnaton: Dr. Liliane Achleitner, Arne Meeuw und Anselma Wörner.

https://www.innosuisse.ch/content/inno/de/home/erfolgsgeschichten/Projektbeispiele/start-up/exnaton.html