Innovationsprojekt bringt Wachstumsschub

Die Kunststoffwerk AG Buchs hat sich neu erfunden: Neben den weltweit bekannten Doppelmetern produziert das Rheintaler KMU heute auch Surfbrett-Finnen. Den Grundstein für den Aufbau des zweiten Standbeins legte ein Innovationsprojekt von Innosuisse mit der Ostschweizer Fachhochschule. Geschäftsführer Martin Rudolph sagt, wie das Traditionsunternehmen den Umsatz mit dem neuen Geschäftsmodell verdoppeln möchte.

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Die Kunststoffwerk AG Buchs wurde vor über 50 Jahren gegründet. Welche Rolle spielte Innovation in Ihrer Firmengeschichte?

Martin Rudolph: Mit einer Innovation hat 1970 alles begonnen. Unser Firmengründer revolutionierte den Doppelmeter. Statt Holz setzten wir Kunststoff ein – das machte die Meter langlebiger. Ein weiterer Meilenstein war der Einstieg in die Verbundwerkstoffe im Jahr 2012. Um die Stabilität der Meter zu verbessern, verstärkten wir sie mit Glasfasern. Damit war der erste Pflock für den Weg in die Zukunft eingeschlagen.


Wenn wir als Industrieunternehmen am Standort Schweiz bestehen wollen, müssen wir uns weiterentwickeln.

Weshalb haben Sie Ihr Geschäftsmodell weiterentwickelt?

Unsere Messwerkzeuge sind weltweit gefragt, doch ich bin der Überzeugung, dass wir uns weiterentwickeln müssen, wenn wir als Industrieunternehmen am Standort Schweiz langfristig bestehen wollen. Durch unsere faserverstärkten Meter hatten wir bereits viel Erfahrung mit Composite-Techniken. Wir sahen grosses Potenzial für den Leichtbau, denn leichte Alternativen für Metall oder Kunststoffe sind gefragt. Deshalb haben wir beschlossen, unser Know-how anderen Unternehmen anzubieten.

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Wie kamen Sie mit einem Sportartikelhersteller ins Geschäft?

Das war reiner Zufall. Wir waren auf einer Messe für Verbundwerkstoffe in Paris und hatten eigentlich vor allem die Automobilindustrie im Visier. Stattdessen entstand dort der Kontakt zum australischen Unternehmen SHI/FCS, dem Marktführer bei Surfbrett-Finnen für das Wellenreiten. Schnell war klar, dass unser Verfahren mit UD-Tapes neue Möglichkeiten eröffnet. Also haben wir gemeinsam ein Produkt entwickelt.

Was macht das Produkt zu einer Weltneuheit?

Es ist die erste Surfbrett-Finne, die mit thermoplastischer Composite-Technik hergestellt wird. Im Vergleich mit den herkömmlichen Verfahren bietet unser Prozess verschiedenste Vorteile. Die Produktion ist effizienter und die Qualität konstanter. Die Finnen sind leichter und wir können die Eigenschaften gezielter steuern. Das ist zentral, denn ähnlich wie bei einem Ski entscheiden Nuancen über das Fahrverhalten.


In den nächsten zwei bis drei Jahren wollen wir den Umsatz mit den Finnen verdreifachen. Damit wäre das neue Geschäftsfeld so gross wie das alte.

Die Grundlagen für die Produktentwicklung lieferte ein Innovationsprojekt mit der Ostschweizer Fachhochschule. Wie hat Sie das Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung IWK in den Jahren 2016 bis 2019 unterstützt?

Durch die Zusammenarbeit konnten wir den Materialeigenschaften erstmals wissenschaftlich auf den Grund gehen. Früher setzten wir auf das Trial-and-Error-Verfahren und tüftelten, bis es funktionierte. Bei den Meterstäben ging das, aber mit Blick auf neue Anwendungsfelder für UD-Tapes war das kein gangbarer Weg. Um die mechanischen Anforderungen zu analysieren und Umwelteinflüsse über längere Zeiträume zu testen, waren wir auf das Wissen und die Infrastruktur des IWK angewiesen. Im Laufe des Projekts hat sich die Finne als erster Anwendungsfall herauskristallisiert. Ein Jahr nach Projektabschluss war das Produkt auf dem Markt. Alleine hätten wir uns da wohl nicht rangetraut – und wenn schon, hätten wir den Markteintritt niemals so schnell geschafft.

Welche Erfolge konnten Sie seither verbuchen?

Der grösste Erfolg für mich persönlich ist: Wir haben bewiesen, dass es möglich ist, die Produktion aus Asien zurück nach Europa zu holen, wenn man so stark auf Robotik und Prozessinnovation setzt wie wir. Unser Kunde hatte ursprünglich sämtliche Finnen aus China bezogen. Heute vermarktet er die von uns produzierte Finne voller Stolz mit dem Label «Swiss made». Der Verkauf ist gut angelaufen und auch in sportlicher Hinsicht durften wir bereits einen grossen Erfolg feiern. Filipe Toledo hat mit der von uns produzierten Finne 2022 die Weltmeisterschaft gewonnen.

Wie viel trägt das neue Geschäftsmodell zum Umsatz bei?

Im ersten Jahr der Produktion erzielten wir mit der Finne einen Umsatz von rund einer Million Schweizer Franken. Momentan arbeiten wir an weiteren Modellen und gehen davon aus, dass wir den Umsatz in den nächsten zwei bis drei Jahren verdreifachen können. Damit wäre das neue Geschäftsfeld bereits genauso gross wie das alte.

Haben Sie Ihr Verfahren patentieren lassen?

Wir verfügten bereits über ein Patent für das Hinterspritzen von UD-Tapes. Mit dem Innovationsprojekt sind fünf weitere Patente für Verfahrens-, Faser- und Applikationstechnik hinzugekommen.

Arbeiten Sie weiterhin mit Ihrem Forschungspartner zusammen?

Ja, wir haben mit dem IWK bereits ein weiteres Innovationsprojekt in Verbindung mit UD-Tapes abgeschlossen, diesmal mit dem Fokus auf dem Schaumspritzgiessen. In unserem jüngsten Projekt mit dem IWK untersuchen wir die Rezyklierbarkeit der Materialien. Dies bleibt für uns eine der grössten Herausforderungen. Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Baustein für unseren künftigen Erfolg.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Wir sehen unsere Zukunft im Leichtbau und haben deshalb eine neue Marke lanciert. Mit Svismold zielen wir auf Kooperationen mit Unternehmen aus verschiedensten Branchen. Viele Hersteller haben wenig Ahnung von Verbundwerkstoffen – das ist für uns eine Chance. Wir haben einige Interessenten aus dem Bike-Bereich und führen mit einem bekannten kanadischen Sportartikelhersteller ein Pilotprojekt durch. Auch für die Automobilindustrie, die Aeronautik oder den Werkzeugbau könnten unsere Verfahren interessant sein.

Wirkungsmonitoring

Um die Wirkung der eingesetzten Fördermittel zu messen, führt Innosuisse seit Anfang 2021 ein systematisches Wirkungsmonitoring bei allen abgeschlossenen Innovationsprojekten durch. Das Beispiel Kunststoffwerk AG Buchs veranschaulicht u.a. folgende Ergebnisse:

  • 42% der geförderten Projekte verfolgen radikale oder disruptive Innovationen.
  • 66% der KMU registrieren konkrete ökonomische Wirkungen.
  • 30% der Unternehmen bezeichnen ihre Innovation als Weltmarktneuheit.
  • 43% der Innovationen sind drei Jahre nach Projektabschluss auf dem Markt.
  • 58% der Unternehmen arbeiten nach Projektabschluss mit ihrem Forschungspartner weiter.

Mehr über das Wirkungsmonitoring von Innosuisse

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Letzte Änderung 18.09.2023

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