Das Lausanner Start-up Global ID will die biometrische Identifikation revolutionieren – mit der Erkennung von Venen. Der ökonomische und soziale Nutzen der im Jura produzierten Weltneuheit ist gross: Bis 2030 sollen in der Schweiz 100 Arbeitsplätze entstehen und langfristig könnte das neue Verfahren vielen Sans-Papiers eine Identität verschaffen. Innosuisse ermöglichte die Entwicklung der Technologie im Rahmen eines Innovationsprojekts mit der EPFL.
Das Gerät hat das Zeug zum «Game Changer». Der VenoScanner könnte die etablierten biometrischen Identifikationsverfahren verdrängen – etwa den Fingerabdruck-Scanner oder die Gesichtserkennung. «Der sicherste Schlüssel zu unserer Identität verbirgt sich in unseren Venen», ist Lambert Sonna überzeugt. Der grosse Vorteil: Im Gegensatz zu den gängigen Verfahren können Personen auf diesem Weg nur mit ihrem Einverständnis identifiziert werden.
Der CEO von Global ID hält ein fabrikneues Exemplar in der Hand. Die Produktion ist kürzlich angelaufen. Was 2016 mit einem Innovationsprojekt von Innosuisse an der EPFL begann, ist heute ein ausgereiftes Produkt. Endlich kann das Spin-Off der Hochschule die Früchte der rund sechsjährigen Entwicklungsarbeit ernten.
16-köpfiges Team führt Innovationsprojekt zum Erfolg
Der Weg zum marktreifen Produkt war lang und steinig. Vor zehn Jahren beschloss Lambert Sonna, seine Geschäftsidee umzusetzen. Der in Kamerun geborene Kryptologe hatte damals gerade den Master an der EPFL erworben und absolvierte darauf das Doktorat in Cybersicherheit an der Universität Lausanne. Die Entwicklung der Technologie würde teuer werden – so viel stand fest: «Das Projekt brachte die Fachbereiche Biometrie, Datenanalyse und Cybersicherheit zusammen. Entsprechend hohe Investitionen in die Forschung und Entwicklung waren nötig.»
Die Förderung durch Innosuisse hat die Entwicklung unserer Technologie überhaupt erst ermöglicht.
Innosuisse ermöglichte die Umsetzung und stellte die notwendigen Mittel bereit. Beim dreijährigen Innovationsprojekt zogen drei grosse Forschungsinstitute der Romandie an einem Strang: das Security and Cryptography Laboratory (LASEC) der EPFL, das Forschungsinstitut Idiap in Martigny und die Hochschule HES-SO Valais in Sitten. 2019 erreichte das 16-köpfige Team pünktlich die Projektziele. Erste Tests bestätigten im Jahr darauf: Das Scanning funktioniert mit allen Hautfarben.
Im Laufe des Innovationsprojekts sind bei Global ID vier Vollzeitstellen entstanden. Als die Technologie ausgereift war, legten die Mitarbeitenden den Fokus auf die Produktentwicklung. «Die grösste Herausforderung war die Miniaturisierung», sagt Lambert Sonna. Im Laufe von zwei Jahren wurde aus einer sperrigen Box in der Grösse einer Obstharasse der faustgrosse VenoScanner.
Interview mit Lambert Sonna, CEO
Gute Perspektiven auf dem Weltmarkt
Der Name des Lausanner Start-ups ist Programm: Global ID lässt die innovative Technologie weltweit patentieren. In der Schweiz wurde das Patent bereits erfolgreich angemeldet und auch die USA gab grünes Licht. Bis 2024 soll es in Europa und Asien ebenfalls so weit sein. «Diese Prozesse sind langwierig und kostspielig, doch ohne Patente und Zertifizierungen kämen wir nicht weit», bemerkt Lambert Sonna.
Auch im Marketing ist Global ID auf globaler Ebene aktiv. Lambert Sonna trifft Interessenten aus der Schweiz, aber auch aus den USA, mehreren afrikanischen Ländern und Malaysia. Die Zielgruppe ist breit: Konzentrierte sich das Innovationsprojekt noch auf das Gesundheitswesen, sind inzwischen weitere Branchen hinzugekommen, unter anderem die Finanzindustrie, Telekommunikation, Bildungswesen, Behörden und Militär.
Eine Milliarde Menschen sind Sans-Papiers. Unsere Technologie könnte ihnen zu einer Identität verhelfen.
Um den Anwendungsbereich zu erweitern, arbeitet Lambert Sonna mit Studierenden der EPFL bereits an neuen Innovationen. Während das aktuelle Produkt die Venen im Zeigefinger erkennt, soll bald auch das Scanning der Handfläche aus grösserer Entfernung möglich sein. Erste Tests verliefen positiv. Zudem soll künstliche Intelligenz das Identifikationsverfahren weiter beschleunigen.
Nachhaltigkeit auf allen Ebenen
Produziert wird die Weltneuheit in Bassecourt im Kanton Jura. Für Lambert Sonna war klar, dass der VenoScanner in der Schweiz hergestellt werden muss. Schliesslich ist Sicherheit ein zentrales Verkaufsargument und auf dem Produkt prangt heute denn auch das weltbekannte Label «Swiss Made». Mit der Locatis SA, einem führenden Hersteller von Elektronikmodulen, fand Global ID den passenden lokalen Partner. «Pro Monat können wir bis zu 1'000 Stück herstellen», sagt Geschäftsführer Patrick Muller. Der Jurassier schätzt das Marktpotenzial ebenfalls gross ein und erhofft sich bereits im nächsten Jahr einen beträchtlichen Beitrag zum Umsatz des KMU.
So zeigt das Innovationsprojekt Auswirkungen bis in den Jura. Neben dem positiven volkswirtschaftlichen Effekt ist auch der soziale Nutzen gross – schliesslich kommt das ethisch unbedenkliche Identifikationsverfahren der gesamten Gesellschaft zugute. Als nachhaltig erweist sich das Projekt auch in ökologischer Hinsicht: «Wir verfügen über ein Recycling-Konzept und hoffen, dass unsere Technologie eines Tages Badges ersetzt», sagt Lambert Sonna. So könnte viel Plastik gespart werden.
Letzte Änderung 27.12.2023